Mit der Scheidung der Ehegatten, die ukrainische und deutsche Bürgerschaft besitzen, kommen die einfachen aber aktuellen Fragen vor: wo sich die Ehe schneller und günstiger scheiden lässt, wem ein in der Ehe erworbenes Vermögen gehört, wie dessen Aufteilung durchgeführt wird.

Bloß der ständige Wohnsitz der Familie in einem der beiden Länder macht das Recht dieses Staates auf umstrittene Rechtsbeziehungen nicht automatisch anwendbar, weder hinsichtlich der Ehescheidung noch hinsichtlich der Regelung der Beziehungen um das in der Ehe erworbene Vermögen.

1. Bestimmung des Gerichtsstandes für die Ehescheidung.

Der Scheidungsstreit von Ehegatten, die verschiedene Bürgerschaft besitzen – ukrainische und deutsche – und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, kann der Gerichten beider Staaten zuständig sein: sowohl deutschem Gericht gemäß § 122 Z.1. FamFG, als auch ukrainischem Gericht gemäß Art. 29 ZPO der Ukraine.

Im letzteren Fall ist das Bestimmungsverfahren der Zuständigkeit vom Obersten Gericht der Ukraine auf Grund der Unterlagen von örtlichen deutschen Behörden formeller Natur, die bestätigen, dass beide Ehegatten ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben.

Da die Parteien in erster Linie von Vermögensinteressen ausgehen, versucht jeder Ehegatte mit Hilfe eines Anwalts den Ort für die Scheidungsklage zu wählen. Dabei beachten sie die Verfahrensdauer, die erwarteten Gerichts- und Anwaltskosten, die Möglichkeit der Folgensachen (der Versorgungsausgleich, die Feststellung des Wohnsitzes des Kindes und andere), die gleichzeitig mit dem Scheidungsantrag erhoben werden können, darunter auch die Teilungsklage des Vermögens oder dessen Zugewinnausgleich in der Ehe.

Für die meisten Ehegatten ist es günstiger gerade in der Ukraine sich scheiden zu lassen, da die Parteien während der Ehescheidung im Gericht der Ukraine kleinere Verfahrenskosten tragen, eigentlich fast keine Pflichten für Versorgungsausgleich dem Unterhalt des geschiedenen Ehegatten gegenüber haben und weil es genug kurze Fristen des Gerichtsverfahrens wegen keiner gerichtlichen Verpflichtungen für das Trennungsjahr gibt, wie in § 1566 BGB festgelegt steht.

Das ukrainische Gericht verhandelt keine mit der Ehescheidung verbundenen Folgensachen von Vermögensverhältnissen der Ehegatten, zum Beispiel Teilung des Gesamtgutes oder Zugewinnausgleichsanspruch. Wenn solche Klagen zusammen eingereicht werden, verhandeln die Gerichte sie getrennt.

Es kann vorkommen, dass eine Partei eine Scheidungsklage vor Gericht in der Ukraine erhebt und die andere Partei, ohne damit einverstanden zu werden, die gleiche Klage vor Gericht in Deutschland einreicht. In diesem Fall entsteht ein Konflikt zwischen zweien Gerichtsbarkeiten, der mit Berücksichtigung des Grundsatzes zu beschließen ist: Zuständig ist das Gericht, das den Verfahren früher angefangen hat (lis (alibi) pendens), aber nicht bloß.

Nach der Verhandlung der Sache und dem Inkrafttreten ist die Entscheidung des ukrainischen Scheidungsgerichts in Deutschland nach FamFG in der gerichtlich festgelegten Ordnung zu anerkennen.

In der Regel handelt es sich bei der Anerkennung der Scheidungsentscheidung um ein formelles Verfahren, wenn das Gericht in der Ukraine vom Anwalt gemäß gesetzlichen Anforderungen und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dem Beteiligungsrecht der Partei gegenüber gehalten wurde.

So im Scheidungsfall einer Ukrainerin und eines Deutschen, die ständig in München lebten, fang das ukrainische Gericht früher Verhandlung der Klage des Ehemannes auf Ehescheidung an.

Die Ehefrau erhob die gleiche Klage beim Amtsgericht München und dabei auch die Klage beim Bezirksgericht Kijiw, das erste Gerichtsverfahren wegen der Unzuständigkeit auszusetzen.

Ihr Anwalt meint, dass nur das deutsche Gericht zuständig sei, da die Parteien die ganze Zeit in Deutschland lebten und gerade hier sich das Zentrum ihrer Lebensinteressen befindet.

In dieser Sache lehnten sowohl das ukrainische Gericht erster Instanz als auch das Amtsgericht München den Antrag der Ehefrau gerade aus dem Grund ab, dass die Sache wegen ihres Antrages beim deutschen Gericht später rechtshängig geworden ist.

Damit wurde es im Endbeschluss des deutschen Gerichtes hingewiesen: Die Rechte der Ehefrau auf Verfahrensbeteiligung im ukrainischen Gericht geachtet wurden, und zwar durch die Teilnahme ihres Anwaltes, die rechtzeitige Zustellung der Gerichtunterlagen und die Vorladung zum Gericht. Deswegen gibt es keinen Grund für eine künftige Nichtanerkennung der Entscheidung des ukrainischen Gerichtes, das die Sachenverhandlung über Ehescheidung zwischen denselben Parteien früher begann. Und dadurch wird die gleichzeitige Klage der Antragstellerin im deutschen Gericht als unzulässig abgewiesen“.

Deswegen hat das deutsche Gericht in der Begründung seiner Entscheidung auf das Notwendigste für die Grundsatzeinhaltung lis (alibi) pendens hingewiesen, und zwar gerade auf die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang der Parteien zum Gericht.  Es ist eine der Bedingungen für die Anerkennung einer solchen Entscheidung in Deutschland.

2. Aufteilung des von den Ehegatten erworbenen Vermögens mit Auslandbezug.

Der Streit wegen des Eigentumsrechtes auf das Vermögen, das beide Ehegatten während der Ehe erworben haben, beginnt mit der Bestimmung auf Grund der Kollisionsnorm eines der Rechte, was zum Güterstand der Ehegatten und dessen Sachenbeilegung anzuwenden ist.

Nach dem Datum der Eheschließung (vor oder nach dem 29. Januar2019) wird das in Deutschland anzuwendende Recht auf der Grundlage der Kollisionsnormen bestimmt, die in EGBGB oder EU-Verordnung 2016/1103 DES RATES vom 24. Juni 2016 (EuGüVO) sind.

Das Recht, das vom ukrainischen Gericht anwendbar ist, wird auf Grund der Kollisionsnormen des Familienrechtes des ukrainischen Gesetzes über IPR bestimmt, wobei die meisten deren Normen mit den Kollisionsrechtsnormen der BRD übereinstimmen (sie sind in fast identischer Fassung in den Gesetzen beider Länder vorhanden).

Wenn die Parteien im Notarvertrag das anwendbare Recht nicht gewählt haben, wird die Rechtsordnung des Vermögens der Ehegatten in den meisten Fällen so bestimmt:

  • a) unterliegt der eheliche Güterstand dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sonst
  • b) dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sonst
  • с) dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, sonst
  • d) dem Recht, mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.

Die ukrainische und deutsche Gesetzgebung gibt den Ehegatten die Möglichkeit, die Regelung der Vermögensverhältnisse durch den Abschluss eines notariellen Ehevertrags zu vereinfachen. Er bietet dem Ehepaar das Recht, das zu ihren Vermögensverhältnissen anzuwendende Recht im Voraus zu bestimmen. 

Mit Berücksichtigung der finanziellen Voraussetzungen jeder Person haben die Parteien das Recht, den Stand des Eigentums für das während der Ehe erworbenen Vermögen selbständig zu wählen: Eigeneigentum oder Errungenschaftsgemeinschaft dem ukrainischen Gesetz nach; oder Eigengut oder Gesamtgut dem deutschen Gesetz nach.

Wenn die Parteien keine Möglichkeit genutzt haben, ihre Vermögensverhältnisse im Ehevertrag zu bestimmen, wird dann nach Kollisionsnormen anwendbare und nach ukrainischen oder deutschen Gesetzen bestimmte Errungenschafts- oder Zugewinngemeinschaft gelten.

Was für ein Güterstand nach dem auf das Verhältnis der Ehegatten anwendbare Recht (Ukraine oder Deutschland) gelten soll, wird davon abhängen, welches Vermögen und wem der Ehegatten gehören wird, sowie welche Teilordnung (oder Zugewinnausgleich) vom Gericht angewendet werden wird.

Nach äußerlicher Namensähnlichkeit der beiden Rechtsstände des ehelichen Eigentums (Errungenschaftsgemeinschaft und Zugewinngemeinschaft) halten vielen Anwälten sie für identisch, was sich auch bei der Übersetzung dieser Rechtsbegriffe aus einer Sprache in die andere widerspiegelt. Aber es ist nicht so. Diese Eigentumsstände sind prinzipiell verschieden nach ihrem Rechtswesen und unterscheiden sich vom Umsetzungsprozess.

Die Errungenschaftsgemeinschaft nach ukrainischem Recht entsteht auf Grund der Normen Art. 60 des FamGB der Ukraine, in dem es festgelegt (angenommen) wird, dass das gesamte in der Ehe erworbene Vermögen ihnen beiden als gemeinsames Miteigentum ohne Anteilbestimmung gehört, unabhängig davon, ob einer der Ehegatten ein selbständiges Einkommen hatte. 

Die Ausnahme ist nur das Vermögen, welches der Ehemann oder die Ehefrau als Erbschaft, Schenkung bekam, oder das mit eigenen Geldmitteln erworbene Vermögen sowie einige in Art. 57 FGB der Ukraine gelistete persönliche Gegenstände und Rechte. 

Auf das gemeinsame Miteigentum der Ehegatten hat es keine Einwirkung, dass das Vermögen im Vertrag und Eigentumsregister nur für eine der Ehegatten eingetragen ist.

Im Unterschied zum ukrainischen Recht wird das entsprechende Vermögen der Ehegatten gemäß §1363 BGB (Zugewinngemeinschaft) nicht gemeinsames Vermögen; dies betrifft auch das Vermögen, das einer der Ehegatten nach der Eheschließung erwirbt. Jedoch wird die Zugewinngemeinschaft der Ehegatten, die sie in der Ehe erreicht haben, ausgeglichen, wenn der Zugewinnstand sich beendet.

Unter Betrachtung des Obengesagten müssen ukrainische und deutsche Bürger, die in der Ehe Eigentum, insbesondere Immobilien im Land einer anderen Gerichtsbarkeit erwerben, berücksichtigen, dass der Stand des erworbenen Vermögens, sogar wenn es für eigene Geldmittel erworben wird, wird vom Gericht auf Grund der Kollisionsnormen ukrainischen oder deutschen Rechtes und der bestimmten (ausgewählten) materiellen Rechtsnormen festgestellt werden, was für den Streit anzuwenden sein wird.

Die Teilung der Errungenschaftsgemeinschaft wird vom ukrainischen Gericht in einer mit der Ehescheidung getrennten Verfahren durchgeführt, das genug kompliziert und langfristig ist.

Nach ukrainischen Rechtsnormen verpflichtet jene Partei, die meint, dass das während der Ehe erworbene Vermögen nur ihr gehört, dies mit Hinweis auf entsprechendes Kollisions- und materielles Recht zu beweisen.

Wegen der Kompliziertheit solcher Sachen ist es sinnvoll, einen Fachanwalt zu konsultieren, bevor das Eigentum in der Ukraine während der Ehe erworben wird.

Dabei wird es viel günstiger sein, ihn für die Vorbereitung eines Ehevertrages und dessen notarieller Beurkundung zu beauftragen, als in Zukunft die deutlich höheren Gerichts- und Anwaltskosten für die Gerichtsverhandlungen zu tragen.