Ukrainer, die sich ständig oder besuchsweise in Deutschland befinden, sollen die Besonderheiten deutscher und ukrainischer Gesetzgebung berücksichtigen, die die Erbregeln bestimmen.
Diese Frage hat Interesse sowohl für potenziale Erben ukrainischer Staatsbürger, die in Deutschland leben, als auch für deutsche Staatsbürger, deren Verwandte in der Ukraine leben.
Obwohl viele Bedeutungen des Erbrechts ähnlich in Deutschland und der Ukraine sind, haben gesetzliches und testamentarisches Vererben, sowie Erbfolge und die Registration einer Erbschaft grundlegende Unterschiede und Besonderheiten, deren Vernachlässigung zu wesentlichen Geld- und Zeitverlusten führt.
Während ihres Aufenthaltes in Deutschland müssen Ukrainer davon wissen, die Gesetzgebung welches Staates im Falle des Todes eines ukrainischen Staatsangehörigen auf Erbverhältnisse angewendet wird.
Nach gültigen Normen des Internationalen Privatrechts in Deutschland, nämlich Art. 21 der Verordnung (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012, Nr. 650/2012 „ über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen“. wird das Recht des Staates angewendet, wo der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes einen ständigen Wohnsitz hatte.
Das internationale Privatrecht der BRD (Art. 25 des Einführungsgesetzes zum BGB und Art. 21-23 der Verordnung) ermöglicht es einem Ukrainer, das anzuwendende Recht während seines Todes in seinem Testament zu bestimmen.
Nach Art. 70 des Gesetzes der Ukraine „Über das internationale Privatrecht“ werden die Erbverhältnisse durch das Recht des Staates geregelt, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, wenn der Erblasser im Testament nicht das Recht des Staates gewählt hat, dessen Staatsbürger er war.
So im Todesfall eines Ukrainers, der seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland hat, erben die Erben entsprechend deutschen Gesetzen und umgekehrt erben die Erben eines Deutschen, der in der Ukraine stirbt, entsprechend ukrainischen Gesetzen, mit Ausnahmen, wenn die Erblasser in ihren Erblassenshaften nicht bestimmen, dass die Erbschaft nach Gesetzen des Staates geerbt wird, dessen Staatsbürger sie sind.
Somit besteht die Möglichkeit, die Erbfolge nach dem Tod eines Ukrainers in Deutschland dem materiellen Recht der Ukraine unterzuordnen, welche ein Erblasser verwenden kann.
Wie es oben beschrieben wird, sind die Unterschiede im Erbrecht wesentlich. Zum Beispiel, die Bestimmung der Reihenfolge von Erben, die nach deutschem und ukrainischem Recht zum Erben eingeladen werden.
So nach ukrainischem BGB gehören Kinder, Eltern und der zweite von Ehegatten, der den Erblasser überlebte, zu den gesetzlichen Erben erster Ordnung; zur zweiten Ordnung – leibliche Geschwister, Großeltern beider Seiten, zur dritten Ordnung - leibliche Onkel und Tante des Erblassers.
Nach deutschem Recht aber gehören die Abkömmlinge des Erblassers: Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder zur 1. Ordnung; die Eltern des Verstorbenen und ihre direkten Abkömmlinge: Geschwister, Neffen und Nichten gehören zur 2. Ordnung; Großeltern und ihre Abkömmlinge gehören zur 3. Ordnung.
Jener der Ehegatten in Deutschland, der den Erblassers überlebt hat, erbt gesetzlich einen Erbteil, dessen Höhe davon abhängt, neben den Erben welcher Ordnung er gleichzeitig erbt (je entfernter die Verwandtschaft von übrigen Erben mit dem Verstorbenen ist, desto mehr bekommt der zweite Ehepartner), der Güterstand der Ehegatten wird auch berücksichtigt: getrennt oder gemeinschaftlich, was die Höhe seines Anteils beeinflusst.
Die Rechtsnormen der Ukraine und Deutschlands, die die Testamentserrichtung regeln, unterscheiden sich bedeutend. Darum ist es in manchen Fällen der Form nach einfacher, ein handgeschriebenes Testament mit oder ohne Hinterlegung im Nachlassgericht in Deutschland zu errichten, oder notarisch beglaubigen zu lassen. Was die Kosten für Testamentserrichtung anbetrifft, ist diese in der Ukraine günstiger, da der Gebührbeitrag für die notarische Beurkundung in Deutschland den Güterwert berücksichtigt wird.
Ein in Deutschland abgeschlossenes Ehegattentestament unterscheidet sich auch von einem nach ukrainischem Erbrecht abgeschlossenen Ehegattentestament ihrem Rechtsinhalt nach.
Und die Erbrechte auf Plichtteil der Erbschaft sind nach dem Erbrecht beider Staaten wesentlich verschieden. Indem die Personen in der Ukraine das Recht auf Pflichtteil besitzen, die keine Mittel auf Lebensunterhalt haben (minderjärige und arbeitsunfähige Kinder, arbeitsunfähige Eltern und arbeitsunfähiger zweiter Ehepartner), haben die Personen nach deutschem Bürgerliches Gesetzbuch das Recht auf Pflichtteil (Kinder, Eltern, der zweite Eheparner, Enkelkinder oder Urenkelkinder), wenn ihre Eltern zum Zeitpunkt der Erbschaftseröffnung nicht am Leben waren und vom Erblasser aus der Erbschaft ausgeschlossen wurden, obwohl ihr Pflichtteil in der Erbschaft für das weitere Lebensunterhalt gesetzlich gewährlestet wird.
Außerdem ist die Zahlung der Ausgleichungen durch deutsches Recht vorgesehen, die von Erbteilgrößen der Erben und Personen mit Pflichtteil abhängig sind, sowie die Berücksichtigung des Güterstandes von Personen, die eine Erbschaft beantragen.
Meistens wird jenes Gut in den Erbteil in Deutschland eingetragen, das nach einem Schenkungsvertrag bekommen wurde, falls etwas Anderes im Testament vom Erblasser nicht angegeben wurde oder ein bestimmter Zeitraum seit der Schenkung nicht vergangen ist. Ein Ähnliches ist unmöglich nach ukrainischem Erbrecht, kann aber während der Erbplanung in Anbetracht des Stand- und Wohnortes von Erbverhältnissen berücksichtigt werden.
Diese Beispiele sollen die Ukrainer dazu anregen, im Voraus für die Erbteilung nach der für sie üblichen Reihenfolge zu sorgen und testamentarisch das Recht der Ukraine vorzusehen, das auf Erbverhältnisse anwendbar sein soll. Und es ist noch besser, den Erbenkreis zu bestimmen und Erbteilung zwischen ihnen zu regeln.
Nach Art. 72 des Gesetzes der Ukraine „Über das internationale Privatrecht“ werden die Fähigkeit einer Person, ein Testament zu errichten und zu widerrufen, sowie die Testamentsform und dessen Widerrufsakt durch das Recht des Staates bestimmt, wo der Erblasser einen ständigen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung oder seines Todes hatte.